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Eines der sehr unangenehmen Begleiterscheinungen der heutigen Investment-
Philosophie, die mitunter brutalen Auf- und Abschläge bei Aktien nach
Unternehmensmeldungen. Werden Gewinnerwartungen nicht erfüllt, fallen Aktien
schon mal 10-20% oder auch mehr. Und umgekehrt bei besseren Ergebnissen. So geschehen bei Fresenius Medical Care heute, die nach einer Gewinnwarnung um 18% einbrachen und auf dem tiefsten Stand seit 2 Jahren schlossen. Der Mutterkonzern Fresenius fiel immerhin um gut 11%. Die Ursache, das Dialysegeschäft in Nord- und Lateinamerika, sowie den Schwellenländern läuft deutlich schlechter als erwartet. So
etwas hat es vor 25 Jahren oder mehr nicht gegeben und ist Zeichen einer völlig
neuen Anleger Generation. Zu den Anfängen meiner Zeit als Broker vor 27 Jahren,
bewegten sich Aktien mitunter tagelang nicht oder nur wenige Pfennige. Gleiches
taten US Titel. Von daher gab es früher auch keine Daytrader, die sich auf
Aktien fokussierten. Das hätte überhaupt keinen Sinn ergeben, es sei denn, man
wäre mit Millionen pro Trade eingestiegen. Und die Investoren, die dieses Geld
einsetzten, bewegten sich im Daytrading in anderen Märkten, im Termingeschäft.
Ist das nun gut? Ich denke nein, es ist vielmehr ein Zeichen einer völlig
abgedrehten Welt. Immer mehr, immer schneller in immer kürzerer Zeit. Zudem ein
Zeichen, Value Investing ist tot. Niemand hat mehr einen langfristigen Fokus,
alle setzen auf Wachstum und das schnelle Geld. Wer nicht liefert, wird
gnadenlos abgestraft. Und das trifft alle gleichermaßen, egal ob Giganten wie
Facebook, die im Sommer nach schlechten Zahlen, ebenfalls innerhalb von wenigen
Sekunden 20% einbrachen, oder kleine Werte mit geringer Marktkapitalisierung,
wie zum Beispiel Tilray Inc, die gestern nach Erreichen der 150€ Marke
plötzlich um 15% wie aus dem Nichts einbrachen. Bei kleineren Werten, obwohl
Tilray ebenfalls mittlerweile per heute, eine Marktkapitalisierung von 13
Milliarden Euro haben, muss man damit rechnen. Der Aufstieg ging ja ebenfalls
in wenigen Wochen von statten, zudem ist das Handelsvolumen dort sehr gering.
Aber bei Titeln wie Facebook, die zusammen mit den FAANG (Facebook, Amazon, Apple, Netflix und Google) Aktien noch im Sommer eine
gesamte Marktkapitalisierung von über 4 Billionen Dollar erreichte und ein
solides Handelsvolumen aufweisen, ist das nicht unbedingt zu erwarten.
Ein weiterer Grund für die extremen Bewegungen ist natürlich auch der computergestützte Handel. Zu meiner Zeit wurden Aufträge noch telefonisch zum
Händler auf dem Parkett durchgegeben. Heute geht alles elektronisch über die
Bühne, zudem können Sie mit Kleinstaufträgen von wenigen Euro/Dollar sich am
heutigen Handel beteiligen. Früher benötigten Sie Konten mit einer
Mindesteinlage von 50.000 Dollar für Termin Geschäfte, verwaltete Aktien Konten
hatten eine Mindestgröße von 500.000 CHF oder DM. In den USA hat sich das
tägliche Handelsvolumen von damals 150 Millionen Aktien auf heute 1,5
Milliarden Aktien an schlechten Tagen im Dow Jones entwickelt. Im Nasdaq
beträgt das tägliche Handelsvolumen mittlerweile 22 Milliarden Aktien pro Tag.
Und im Dax? Nun der gute alte Dax ist ein Schatten seiner selbst. Einst vor der
Finanzkrise betrug das Handelsvolumen noch 400-500 Millionen Titel pro Tag und
heute im Schnitt zwischen 50-70 Millionen pro Tag.